-
Legende
Der LKW am Tor gab also keinen Mucks mehr von sich. Vielleicht ließ sich da aber noch was machen. Nur wollte er sich beeilen. Wieso wusste er nicht, aber wenn dort draussen noch irgendwer lebte, er helfen konnte. Das hier, das war eine Todesfalle. Als er sich auf der Suche nach sowas wie einem Lager oder einer Garage, irgendwas wo man Benzin aufbewahren würde, an einigen Hauswänden entlangdrückte, hörte er die Stimme von Frank. Dazu das vertraute Klappern eines Pfeilköchers. In freudiger Erwartung, dass Mum wieder einmal zur Rettung angetreten war, trat er nicht mehr ganz so vorsichtig um die letzte Hausecke... und erstarrte. Nicht Mum, eine aufgeschossene Fremde, schwarzer Zopf, seltsam zarte Stimme.
"...haben dann vor gut einer Woche Rauch von hier aufsteigen sehen ... wurden alle Überlebenden verschleppt..."
"...was man halt sonst so tun kann."
Ihr riesiger Hund, der ihn trotz schwarzem Ascheregen und dickem Rauch zu wittern schien, meldete den Eindringling sofort und zu Jackals Überraschung beinahe lautlos seiner Besitzerin.
"Tag." Er beließ den Gruß bei einem flüchtigen Tippen an die Nasenbrücke der Sonnebrille, musterte die Frau, die einen Kopf größer war als er kurz, eingehend und befand sie als ungefährliche Wanderin; erstmal. Deutlich interessierter war er an ihrem Hund, der immer noch die Zähne bleckte und das Mädchen flankierte. "Bin beeindruckt. Ein cleverer Freund, den du da dabei hast. Manche lernen es nie, wie man sich bei all den Gefahren richtig verhält. Du hast ihn gut trainiert, hm?"
Als wäre ihm eingefallen, wieso er eigentlich in den brennenden Ruinen herumgestapft war, wandte sich dann an Frank: "Nicht alles ist hier vor ein paar Tagen passiert, Cop. Das Blut ist an manchen Stellen nichtmal versickert. Da sind noch welche von in der Nähe, da verwett' ich meinen Feldstecher drauf. Vielleicht haben sie Leute dagelassen, die aufräumen sollten. Du solltest deine Leute zusammenhalten, oder Gruppen bilden lassen, keiner geht ohne einen bewaffneten Begleiter los." Unsinnig, die waren doch eh schon in alle Winde verstreut. Er kratzte sich durch die dichten Locken am Hinterkopf, dabei fiel ihm ein Zigarillo in die Hand, an dem er nachdenklich herumkaute.
"Naja. Wohl zu spät dafür. Jedenfalls wurden die LKW beiseite gefahren, keine Schäden an den Toren, irgendwer hat die Kerle also reingelassen. Das einzige was grade nicht brennt ist der Leuchtturm und die Docks im Südosten. Und sogar das Schiffswrack haben sie jedenfalls bis ins letzte Eck geentert, Haile und ich haben nur noch ein paar Kinder gefunden. Alle tot. Wir wollten Augenzeugen finden. Soviel dazu." Er machte eine Pause, bei der er ein wenig fahrig über seine Lippen leckte, die bedeckt waren von schwarzen Schneeflocken und sachte die eklige Mischung ausspuckte.
"Aber da im Westen, in den Dünen, da sind meine Leute: Perlmutters Leute, die ganze Karawane. Da ist nur was passiert... was sie aufgehalten hat. Aber wenn sie es geschafft haben, wissen sie sicher mehr darüber, was hier passiert ist. Ich bräuchte nur ein wenig Benzin, für 'nen LKW oder irgendein anderes Gefährt ... nein nicht dieses verdammte Muli, ich dachte eher an das Motorrad von unsrem bärtigen Chef oder dem Weißhaar, wenn sie mich ranlassen. Irgendeine Idee, wo man hier sowas wie Benzinkanister finden könnte?"
Während er hoffte, irgendwer würde ihm auf die Sprünge helfen - oder ihm fiel von einem letzten Besuch hier ein wo man in dieser Siedlung Benzin herbekam; er war eindeutig viel zu lange in keiner festen Siedlung mehr gewesen, erinnerte sich aber dunkel an Tankstellen und Benzinlaster, die es hier natürlich nicht gab - blickte er den riesigen irischen Wolfshund an. Mit einem Funkeln in den Augen, als wolle er ihn am liebsten unter den Arm packen und mitnehmen, hielt ihm die Hand zum beschnuppern und begrüßen hin, berührte ihn aber nicht. Er schien offensichtlich jede Menge gute Erinnerungen mit diesen Vierbeinern zu verbinden.
"Beste Gefährten, die man haben kann hier draussen." Zum ersten Mal blickte er dem Mädchen, dass gut einen Kopf größer war als er mit seinen durchschnittlichen 1,75m, ins Gesicht.
"Ich beneide dich, ganz ehrlich. Woher kommst du? Wäre gut Neuigkeiten zu hören, die nicht aus dem Dschungel sind und vom Weltuntergang künden. Wo sind deine Leute? Oder bist du eine von denen, die alleine herumziehen?" Mit einem fragenden Blick auf den Neuankömmling fügte er ein vorsichtiges "Kann nachher sicher auch nicht schaden jemanden dabeizu haben, der meine Leute zusammenflicken kann", hinzu. Seine Stimme war merklich erschöpft und trug einen flehenden Unterton mit sich:
"Aber erstmal muss ich dieses Benzin auftreiben. Oder 'nen Schlüssel für eins der Motorräder. Und zwar schnell. Helft mir, ich revanchier mich auch, ich schwörs. Aber ich geh da auch allein raus, barfuß, wenn es sein muss. Und zwar bevor die hundefressende Latino-Chica mich nochmal mit ihren Messerkunststückchen aufhalten kann. Bitte? Frank, du bist ein guter Mann, das weiß ich, du hast doch sicher eine Idee. Und du könntest mit Mums Infos rausfinden, was hier wirklich passiert ist. Das ist doch was." Er musste wirklich dringend bald mal ein paar Unterrichtsstunden im überreden nehmen. So ganz hatte er den Bogen noch nicht raus, vor allem weil Dackelblick mit einem Auge bei Frank sicher nich wirklich zog.
Geändert von Viviane (30.09.2015 um 16:02 Uhr)
Berechtigungen
- Neue Themen erstellen: Nein
- Themen beantworten: Nein
- Anhänge hochladen: Nein
- Beiträge bearbeiten: Nein
-
Foren-Regeln